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Sportpsycholgen entdecken ein ungewöhnliches Phänomen:

"Wenn die Fans ihre Mannschaft zur Niederlage klatschen..."

Verleiht die Ankündigung, den Bayern die Lederhosen ausziehen zu wollen, der eigenen Mannschaft Flügel? Sind die Fans ohne Zweifel Schutz und Schild der Mannschaft, wenn es hart auf hart kommt? Nicht ganz, meint der Psychologe Bernd Strauß von der Universität Münster. In seiner gerade erschienenen Habilitationsschrift mit dem Titel "Wenn Fans ihre Mannschaft zur Niederlage klatschen ..." weist er nach, dass der unter Fans und Sportlern weit verbreitete Glaube vom "Heimvorteil" ins Reich der Mythen zu verbannen ist.

"Natürlich ist der Titel meiner Arbeit ein wenig plakativ", gesteht Strauß. "Faktisch ist es aber so, dass die Anwesenheit und das Verhalten von Fans eher eine negative, wenn überhaupt eine Auswirkung hat". Dafür führte Strauß Experimente, Feld- und Archivuntersuchungen durch und wertete bereits vorliegende Berichte aus. Und siehe da: Eine Auswertung der Bundesligaspiele von 1963 bis 1995 - rund zehntausend Partien wurden dafür unter die Lupe genommen - zeigte, dass der gewöhnlich vorausgesetzte Heimvorteil sich ins Gegenteil verkehrte, wenn ungewöhnlich viele Zuschauer ins Stadion kamen. 

Eine Auswertung der Play-off-Spiele in der amerikanischen Profi-Basketball-Liga ergab noch drastischeren Ergebnissen: Während normalerweise die Heimmannschaft rund 60 Prozent der Spiele gewann, kehrte sich dieses Verhältnis in den meisterschaftsentscheidenden Spielen um: Nun hatten plötzlich die Gäste die Nase und die Punkte vorn.

"Je wichtiger ein Spiel, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit des Versagens des eigentlichen Favoriten", resümiert der Sportpsychologe. Für das im Fachjargon "choking under pressure" genannte Versagen, bei dem die Akteure grundsätzlich bereit sind, herausragende Leistungen zu vollbringen, nennt Strauß verschiedene Gründe: So kann die Erwartung negativer Konsequenzen bei Versagen die Akteure ablenken. 

Eine weitere Möglichkeit: Je wichtiger die Aufgabe, desto wichtiger fühlt sich die Person und setzt sich mehr mit sich selbst als mit der Aufgabe auseinander. "Man sollte den Effekt, dass die Gastmannschaft im Vorteil ist, nicht überbewerten, aber auf jeden Fall gibt es keinen Beweis für einen positiven Einfluss der Fans auf die Heimmannschaft", sagt Strauß.

Allerdings, so die Kernaussage seiner Studie, ist das von der Art der Aufgabe abhängig. Insbesondere bei Aufgaben mit Anforderungen an die Ausdauer, Schnelligkeit oder Kraft ist selbst bei der bloßen Anwesenheit von Zuschauern eine Steigerung der Leistung bemerkbar. Strauß führt dies auf eine erhöhte Bereitschaft, sich anzustrengen, zurück. Umgekehrt ist es, wenn besonders die koordinativen Fähigkeiten des Sportlers wie beim Golfen oder Dart gefordert werden. Dann scheinen Zuschauer eher zu stören, häufig ist eine Leistungsminderung zu beobachten.

Nun gibt es aber kaum die "reine" Sportart, bei der nur Ausdauer oder Geschicklichkeit benötigt werden. Fußball oder Handball fordern die Spieler in allen Bereichen. Hier kommt es nun, so Strauß, darauf an, welche Bedeutung die einzelnen Komponenten besitzen. So kann es sein, dass Zuschauer beim Fußball zwar dazu führen, dass sich ein Spieler mehr anstrengt und beispielsweise schneller läuft, doch gleichzeitig wird seine Konzentration gestört und die Fehler beim Abspielen nehmen zu. In der Summe mag dieses nach Ansicht des Sportpsychologen dazu führen, dass sich keine Zuschauereinflüsse mehr nachweisen lassen. Wenn doch, so seien allerdings eher Leistungsminderungen zu registrieren.